Das Hochstapler-Syndrom (engl. impostor syndrome) ist keine Krankheit. Viele Wissenschaftler*innen ordnen es als Persönlichkeitsmerkmal ein, das stark oder schwach ausgeprägt sein kann. Hochstapler-Gedanken sind bei Frauen und Männern weit verbreitet. Aber nicht jeder Selbstzweifel ist ein Indiz dafür.
„Gelegentliche Selbstzweifel sind ein Zeichen von Selbstreflexion und wie ich finde absolut okay – besonders bei der Arbeit, einem Ort, an dem wir uns ständig beweisen und vergleichen“. Schwierig wird es, wenn die Selbstzweifel uns sehr beschäftigen und viel Raum einnehmen.
Menschen mit dem Hochstapler-Syndrom fürchten sich davor, bei ihren Kolleg*innen und Mitmenschen als unfähig aufzufliegen. Trotz z.B einer akribischen Vorbereitung auf ein wichtiges Meeting, einem reibungslosen Ablauf und positivem Feedback haben sie das sichere Gefühl, nächste Woche gekündigt zu werden.
Was können wir tun, um mit diesen Selbstzweifeln umzugehen? Was brauchen Sie, damit Sie mehr Sicherheit gewinnen und mehr an sich glauben?
Wie sieht z.B. Ihr Selbstbild aus?
- Erwarten Sie regelmäßig zu scheitern, obwohl Sie schon ähnliche Herausforderungen gemeistert haben?
- Wie fühlen Sie sich, wenn Sie einen Fehler machen? Schämen Sie sich zutiefst über einen langen Zeitraum?
- Habe Sie den Anspruch, perfekt zu sein? Gehen Sie deshalb regelmäßig über Ihre Grenzen?
- Zweiflen Sie trotz nachgewiesener Qualifikation regelmäßig an Ihrer Kompetenz?
- Wie begründen Sie Ihre Erfolge: durch Glück oder durch Ihre Fähigkeiten?
- Wie fühlen Sie sich, wenn Sie etwas erreicht haben? Freuen Sie sich oder sind Sie erleichtert, nicht gescheitert zu sein?
- Vergleichen Sie sich regelmäßig mit Menschen, die deutlich mehr Erfahrung und Expertise haben als Sie selbst?
- Haben Sie Angst davor, die Erwartungen der anderen auf Dauer nicht erfüllen zu können?
Erkennen Sie sich in den Fragen wieder? Dann könnte es hilfreich sein, Ihr Selbstbild mit gezielten Übungen zu stärken. Beispielsweise indem Sie jeden Tag einen "vermeintlichen" Fehler oder eine "Schwäche" reflektieren und genau beobachten, welche Konsequenzen diese haben. Dabei kann es sich um alle möglichen Themen drehen: eine Sache, die Sie nicht verstanden haben, Ihre Nervosität vor einem wichtigen Gespräch oder einer verpassten Deadline.
Ebenfalls hilfreich ist eine Detektiv*In-Liste, also eine Liste, mit der Sie Ihre Gefühle und Gedanken prüfen und bewusst hinterfragen. Notieren Sie dafür eine Situation, die Sie verunsichert hat, kurz nachdem Sie diese aufgetreten ist. Beschreiben Sie genau, was passiert ist und welche Gedanken und Gefühle sie in Ihnen ausgelöst hat. Einige Zeit später schauen Sie mit Ihrer Detektiv*in-Brille auf das, was Sie notiert haben und fragen sich:
- Was spricht dafür, dass die Situation so abgelaufen ist? Was spricht dagegen?
- Was spricht dafür, dass meine Ängste sich bewahrheiten? Was spricht dagegen?
- Was spricht dafür, dass meine Gefühle begründet sind? Was spricht dagegen?
- Kann ich mir vorstellen, dass mehr Dinge dagegen sprechen? Was spricht dagegen?
- Im besten Fall führen Sie diese Übung regelmäßig durch, um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie Sie selbst über sich denken.
Ein weitere Möglichkeit, die sich einfach in Ihren Alltag integrieren lässt, ist das Erfolgsglas:
- Suchen Sie sich ein wiederverschließbares Gefäß und stellen es auf Ihren Schreibtisch.
- Jedes Mal, wenn Sie ein kleines oder großes Erfolgserlebnis haben, notieren Sie es auf einen Zettel und stecken den Zettel in dieses Glas.
- Schreiben Sie genau auf, was der Erfolg war, welchen Anteil Sie daran hatten und welches Gefühl dieser Erfolg in Ihnen auslöst. Das Glas wird sich füllen. In Momenten, in denen Sie an sich selbst zweifeln, können Sie sich einen oder mehrere Zettel aus dem Glas herausnehmen und diese laut vorlesen.
- Nehmen Sie sich Zeit dafür, den Zettel zu lesen. Machen Sie sich bewusst, welche Herausforderungen Sie in der Vergangenheit bereits gemeistert haben.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Freude beim Ausprobieren!